Wenke

EIN BEITRAG VON MARINA TETZLAFF

Wir haben Marina Tetzlaff und Ihre bezaubernden Töchter Wolke, Wieka und Wenke beim Videodreh zu "Du bist so!" kennengelernt. Im Rahmen unserer Posteraktion zum WDST2019 ist das folgende Poster entstanden. Marina teilt im Anschluß Ihre Erfahrungen zur Schwangerschaft und Geburt mit Wenke.

WDST Poster 2019 - Wolke, Wenke, Wieka

Als ich meinen Mann im Januar 2013 kennengelernt habe, wurde aus uns sehr schnell eine Patchworkfamilie. Ich brachte aus erster Ehe zwei Mädels mit und im März 2013 haben wir erfahren, dass wir ein Baby bekommen. 

Bis zum Anfang der 22. Woche war es eine völlig normale Schwangerschaft mit Höhen, Tiefen und einem ziemlich genervten Mann der es Mama nicht wirklich recht machen konnte 🙂  

Als wir in Woche 21/22 zur großen Ultraschalluntersuchung sollten haben wir uns kaum Gedanken gemacht, weil die Frauenärztin dies mit allen Schwangeren macht und ich das auch von den beiden Schwangerschaften vorher kannte.

Die Ärztin vermerkte auf der Überweisung +Herz wegen der Familiären Vorgeschichte und Mama machte sich auf den Weg.

Am 18.06.13 war es dann soweit. Ganz optimistisch ging Mama in die Untersuchung. Der Arzt widmete sich dem Herz und wurde immer ruhiger. Er warf AVSD in den Raum, sagte das er mir das später erklärt und machte weiter.

Als die Untersuchung beendet war, erklärte er mir was dies zu bedeuten hat und das unsere Maus sehr wahrscheinlich das Down Syndrom hat.

Er redete von einer Fruchtwasser-untersuchung, die ich aber nicht wollte, sondern eine zweite Meinung.

Zwei Tage später hatten wir dann einen Termin zur Pränataldiagnostik, wo die selbe Ultraschalluntersuchung noch einmal gemacht wurde. Das Ergebnis war das Gleiche. Man sagte uns das wir eine Fruchtwasseruntersuchung machen sollten und wir unsere Maus töten lassen können. 

Die Worte klingen heute noch in meinem Ohr:

Die Tatsache das die kleine mit ca. 4 Monaten operiert werden muss zog mir viel mehr den Boden unter den Füssen weg.

"Wenn sie das vor der 23. SSW machen lassen müssen wir dem Kind nicht helfen wenn was schief geht" 

Pränataldiagnostiker

In mir brach eine Welt zusammen, wobei es weniger um das Down Syndrom ging. Natürlich habe ich mir ein gesundes Kind gewünscht, aber für mich war der Gedanke an den Herzfehler viel schlimmer. 

Da man uns ohne den Termin für die Fruchtwasseruntersuchung nicht wirklich gehen lassen wollte machten wir zwar einen Termin, sagten Diesen aber am nächsten Morgen ab. 

Nach 4 Wochen sollte ich zur Kontrolle kommen und das habe ich auch getan. Dieses mal war ein Kinderkardiologe anwesend, der uns alles noch ein wenig erklärte und sagte das der Herzfehler relativ gut zu beheben ist.

Allerdings sah die Ärztin bei der Untersuchung das was mit dem Nabelschnurfluß nicht stimmte und die Durchblutung ziemlich schlecht war. Plötzlich stellte sich die Frage ob die Maus sofort geholt werden muss.

Ich blieb stationär, bekam die Lungenreifespritze, wurde vom Neonatologen, Frauenarzt und Narkosearzt aufgeklärt, weil man davon ausgegangen ist, dass die Maus geholt werden muss.

Fast 15 Wochen zu früh.

Der Wert war zwar "schlecht" blieb aber so stabil das ich nach 2 Tagen wieder nach Hause gehen durfte.

Mir wurde geraten nicht mehr arbeiten zu gehen wegen der Psychischen Belastung, aber gerade das wollte ich nicht. Ich wollte nicht Zuhause sitzen und mir den Kopf darüber zerbrechen was passieren kann. 

Ich musste weiterhin 2 bis 3 mal in der Woche zur Kontrolle und wir haben von Untersuchung zu Untersuchung gezittert und gehofft das die Maus es soweit wie möglich schafft.

Ab der 34. Woche hätte man die Untersuchungen auch wöchentlich machen könnte, wobei man mir das nicht zumuten wollte, weil ich bei 2 bis 3 mal in der Woche schon immer zitternde Knie hatte und aufgeregt war.

In der 37. Woche kam dann der Tag, an dem Wenke einen Nullfluss in der Nabelschnur hatte. 

Mir wurde angeboten sofort die Geburt einzuleiten, was ich gar nicht mehr wollte. Ich bekam Panik und wollte nur noch sofort mein Kind haben und verlangte nach einem Kaiserschnitt.Im Nachhinein wurde mir bewußt, das ich eigentlich gar keine Wahl hatte und man mir diese nur ließ, damit ich psychisch nicht noch mehr belastet werde.

Letzten Endes war es ein Notkaiserschnitt, bei dem keiner wusste ob Wenke überhaupt lebend zur Welt kommt.

Diese angespannte Stimmung im Kreißsaal war erdrückend. Bevor ich die Spinalanästhesie bekam hörte die Hebamme noch kurz nach den Herztönen und die Ärzte legten los.

Eh ich mich versah war die Maus auch schon da und fing relativ zögerlich an zu weinen. Sie bekam Sauerstoff vorgehalten, wurde untersucht und kam dann nur ganz kurz zu mir, bevor sie auf die Intensivstation gebracht wurde. 

Was die Schwangerschaft aus mir gemacht hat?

Ich bin ängstlich geworden. Wenn ich zum Arzt musste bekam ich schon 2 Tage vorher Panik. Im Wartezimmer dann Schweißausbrüche,egal ob Frauenarzt, Zahnarzt etc.

Beim ersten Besuch meiner Hausärztin hatte ich sogar Tränen in den Augen. Zuvor war ich bei einem Arzt in der Nachbarstadt, der mich überhaupt nicht verstand. Sein Rat war "Dann gehen sie zum Psychologen", aber ich brauchte keinen Psychologen!

Ich brauchte einfach jemanden, der versteht, dass ich durch das Erlebte einfach Angst hatte, dass das kleinste Wehwehchen wer weiß was bedeuten könnte. Immerhin war ich mit Wenke anfangs ja auch NUR schwanger.

Beim ersten Besuch der Hausarztpraxis erklärte ich meine Angst und mir wurde gesagt, dass ich auch einfach so reinkommen kann, auch wenn es "nur" zum Reden sei, damit ich die Angst verliere.

Das musste ich nicht einmal in Anspruch nehmen, mir reichte das Gefühl verstanden zu werden.
Ich gehe zwar nach wie vor nicht gerne zum Arzt, aber immerhin freiwillig. 

Es gibt zwar nach wie vor Situatonen, in denen ich mich unwohl fühle, z. b. wenn ich auf Ergebnisse warten muss, egal ob von den Kindern, meinem Mann oder mir, aber es ist besser geworden.

Ich bin nachdenklich geworden. Man sieht seine Kinder aus einer anderen Perspektive, lernt zu schätzen, was sie tun und erträgt auch mal Dinge die sie nicht tun sollten. Man ist froh, dass sie es überhaupt tun können, weil nichts selbstverständlich ist. Man freut sich über jedes "Warum?" weil man froh ist, dass sie die Frage überhaupt stellen.

Nicht nur durch die Schwangerschaft haben wir einiges erlebt, sondern auch die Zeit danach. Wenke war von den ersten 18 Monaten insgesamt 4 1/2 Monate im Krankenhaus, wo man so einiges mitbekommen hat. 

Auch wenn die Schwangerschaft nicht einfach war, hat sie mir und meinem Mann etwas ganz besonders gezeigt, nämlich was für eine tolle Familie und Freunde wir haben.

Wenkes Mama betreibt eine Facebook-Seite, schaut doch mal rein und lasst ein "Gefällt mir" da!

Jeder kann und sollte auf sein/e Kind/er stolz sein, egal ob mit oder ohne Extra 🙂

Marina Tetzlaff